Wildes Fleisch – Keloide nach Piercing richtig behandeln

Wer sich ein Piercing stechen lässt, verschönert und schmückt in erster Linie seinen Körper. Die Stäbe, Ringe, Bananen und Stecker sind ein Ausdruck der persönlichen Lebenseinstellung. Da bei einem Piercing sowohl die Haut als auch das Gewebe verletzt wird, birgt dieser Eingriff natürlich auch gewisse Gefahren. Neben Entzündungen, Vereiterungen und brennenden oder juckenden Rötungen kann sich auch ein Keloid – sogenanntes „wildes Fleisch“ – bilden. Besonders häufig entwickeln sich Keloide an den Ohren – sowohl am weichen Gewebe als auch am Knorpelgewebe. Keloide können auch an anderen gepiercten Körperstellen auftauchen, sind aber eher selten. Doch was ist genau ist ein Keloid?

Wenn die Narbe zu wuchern beginnt

Wie bei jeder Verletzung bildet sich auch beim Piercing Narbengewebe. Im Normalfall verschließt dieses Gewebe (hypertrophe Narbe) im Heilungsprozess die Wunde und fällt nicht weiter auf. In einigen Fällen jedoch beginnt das Narbengewebe unnatürlich zu wuchern. Zunächst können sich kleine feste Knubbel bilden, im weiteren Verlauf werden diese immer größer. Fachlich handelt es sich beim wilden Fleisch um Keloide. Es lohnt sich, diese Keloide mal etwas genauer zu betrachten. So bist du bestens gerüstet, falls sich auch an deinem Piercing unnatürliches Narbengewebe ausbreiteten sollte. Zunächst eine Entwarnung: Keloide sind keine Tumore und keine Form von Hautkrebs! Bei Keloiden handelt es sich lediglich um wild wachsendes, aber gutartiges Narbengewebe, das nicht mit einem tumorösen Wachstum vergleichbar ist. Dein Körper weiß einfach nicht, wann deine Wunde perfekt verheilt ist, und heilt somit immer weiter nach, indem es immer mehr und mehr Narbengewebe produziert. Grundsätzlich sind Keloide also nicht gefährlich, dennoch solltest du sie behandeln. Hierfür gibt es verschiedene Methoden.

Definition Narbenkeloid

Laut medizinischer Definition sind Keloide Narben, deren Gewebe übermäßig wächst. Das Zellwachstum bleibt dabei nicht auf die verletzte Stelle – der Stichkanal deines Piercings – beschränkt, sondern wächst unkontrolliert darüber hinaus. Dieser Wachstumsprozess kann sich über Jahre hinweg fortsetzen. In den meisten Fällen entsteht ein Keloid nach einer Entzündung. Der Körper wird in den Modus versetzt, eine Heilung einzuleiten und die verletzte Stelle zu verschließen und zu schützen. Wildes Fleisch entsteht immer dann, wenn der Körper nicht erkennt, dass die ursprünglich verletzte Haut nicht mehr gefährdet ist. Keloide können natürlich nicht nur bei Piercings entstehen, auch nach Operationen, entzündlichen Insektenstichen, Akne und anderen Minitraumata können sich Keloide bilden.

Ursachen für Keloide

Es wird vermutet, dass sie Neigung Keloide zu bilden genetisch veranlagt sein könnte. Wissenschaftlich bestätigt ist dies jedoch nicht. Allerdings ist es auffällig, dass Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil zu Keloiden neigt, häufig später selbst welche entwickeln. Ferner ist erwiesen, dass Menschen mit dunklerer (stärker pigmentierter) Haut öfter Keloide entwickeln als Menschen mit heller Haut. Ebenso hat sich herausgestellt, dass jüngere Menschen eher zu Keloiden neigen als ältere.

So erkennst du ein Keloid

Häufig werden kleine Keloide mit Blasen oder Pickelchen verwechselt. Sollte sich also an deinem Piercing ein kleiner Knoten bilden, solltest du ihn begutachten lassen, um sicherzugehen, worum es sich handelt. Keloide sind meist rötlich gefärbt, können aber auch rosa oder noch heller auftreten. Die Form ist sehr unterschiedlich. Beim Piercing entstehen sie meist in einer runden Form. Bei länglichen Verletzungen (z. B. Schnitten) können sich Keloide aber auch plattenförmig entwickeln. Das wilde Fleisch setzt sich klar von der Haut ab und entwickelt ein Eigenleben. Im Normalfall tun Keloide nicht weh. Betroffene berichten eher selten von einem Stechen oder Brennen. Auch ein Juckreiz ist möglich. Je nach Größe des Keloids kann es irgendwann auch die Beweglichkeit einschränken, wenn es sich in der Nähe eines Gelenks bildet. So weit muss es aber gar nicht erst kommen. Die körperlichen Belastungen sind somit sehr überschaubar – viel mehr wird ein Keloid am Ohr als störend und ästethisch unschön betrachtet. Ein Knoten am Ohr zieht halt viele Blicke auf sich, da spielt dein Piercing dann nur noch eine untergeordnete Rolle – das muss nicht sein!

Das wilde Fleisch muss weg!

Je nach Ausprägung des Keloids gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden. Rein medizinisch betrachtet, beeinträchtigt ein Keloid in den meisten Fällen nicht die Gesundheit. Es ist also eher das vollkommen normale Schönheitsempfinden, dass einen Eingriff unumgänglich macht. Je kleiner ein Keloid ist, desto einfacher lässt es sich auch behandeln. Solltest du also bemerken, dass sich an einem deiner Piercings wildes Fleisch entwickelt, sollte dein erster Weg zum Piercer deines Vertrauens führen. Sollte er dir nicht helfen können, wäre ein Hautarzt der zweite Ansprechpartner. Welche Behandlungsmethode für sich infrage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wir groß ist das Keloid? An welcher Stelle hat es sich gebildet? Welcher Hauttyp bist du? Die gute Nachricht: Du musst dein Piercing nicht sofort entfernen. In den meisten Fällen lässt sich das wilde Fleisch unter Kontrolle bekommen, ohne dass du deinen Schmuck opfern musst.

Methoden der Entfernung von wildem Fleisch

Hier ein Überblick über die geläufigsten Methoden, um Keloide zu behandeln:

Anti-Wildfleisch -Disc

Im Piercingbereich sind Anti-Wildfleisch-Discs bei jedem Piercer in der Schublade zu finden. Dabei handelt e sich um kleine Plättchen, die mit dem Piercingschmuck an der Stelle des wilden Fleisches fixiert werden. Auf diese Weise wird Druck auf die betroffene Stelle ausgeübt. Die Disc sollte mindestens zwei Wochen getragen werden. Hat sich das wilde Fleisch in dieser Zeit nicht zurückgebildet, kann die Zeit auch verlängert werden.

Silikonbehandlung

Bei dieser Behandlungsmethode werden dünne Silikon-Pads oder Silikon-Gele auf das Keloid aufgebracht. Diese sollten das weitere Wachstum stoppen und einen eventuellen Juckreiz verhindern. Die Wirksamkeit dieser Silikonprodukte ist wissenschaftlich jedoch nicht belegt.

Spritzen mit synthetischen Glukokortikoide

Diese Behandlungsmethode ist Medizinern vorbehalten und wird bei Keloiden, die durch Piercings verursacht werden, eher selten angewandt. Die Glukokortikoid-Spritzen hemmen die Neubildung von Bindegewebe. Sie werden direkt in das wuchernde Narbengewebe injiziert. Diese Methode muss in Abständen wiederholt werden und kann trotz erwiesener Wirksamkeit ziemlich langwierig und unangenehm sein. Diese Behandlung lässt sich mit der Kryochirurgie kombinieren.

Vereisen / Kryochirurgie

Wildes Fleisch lässt sich auch mithilfe von Vereisen entfernen. Dabei wird flüssiger Stickstoff direkt in das Narbengewebe geleitet, das Gewebe erfriert im wörtlichen Sinne. Auch diese Behandlung muss in den meisten Fällen mehrfach in Abständen wiederholt werden.

Laserbehandlung

Bei Laserbehandlungen wird das wuchernde Gewebe mit einem Laserstrahl beschossen und so schichtweise abgetragen. Diese Methode kommt nur bei bestimmten Keloiden in Betracht und ist mit einem Facharzt abzuklären. Für Keloide an Piercings ist diese Behandlungsform eher unwahrscheinlich.

Strahlentherapie

Bei der Strahlentherapie werden ionisierende Strahlen auf das Keloid gelenkt. Dies soll die Neubildung der Zellen hemmen. Meistens wird diese Behandlung nur in Kombination mir anderen Behandlungsmethoden angewandt.
Zwiebelextrakt

Hier kommt eine Methode, die du auch in den eigenen Wänden praktizieren kannst, falls du die Bildung eines Keloids an deinem Piercing entgegenwirken möchtest. Zwiebelextrakt wirkt entzündungshemmend und keimtötend. Das Extrakt stört die Neubildung von Fibroblasten – diese wiederum sind verantwortlich für die Entwicklung neuer Bindegewebszellen. Die Behandlung erfordert etwas Disziplin, denn sie muss meistens über mehrere Wochen regelmäßig erfolgen. Zwiebelextrakt gibt es als fertige Creme zu kaufen, du brauchst also deine Küche nicht in einen Hexenkessel zu verwandeln.

Operation

Ab einer bestimmten Größe des Keloids ist eine Operation unumgänglich. Wann der Zeitpunkt für einen chirurgischen Eingriff empfehlenswert ist, hängt von der Größe und betroffenen Stelle ab. Hier kann dich ein Hautarzt ausführlich aufklären. Achtung! Natürlich ist ein operativer Eingriff auch wieder eine Verletzung der Haut, die wiederum die Neubildung von Keloiden begünstigen könnte. Aus diesem Grund wird eine Operation meistens im Zusammenhang mit anderen Behandlungen kombiniert (z. B. Strahlentherapie oder Druckbehandlung).

Kann man Keloiden vorbeugen?

Wer genetisch zu Keloiden neigt, kann das Risiko nicht komplett ausschließen. Jedes neue Piercing ist eine potenzielle Keloidstelle – es kann sich entwickeln, muss aber nicht. Grundsätzlich ist eine intensive Hygiene eine gute Voraussetzung, um Keloide zu verhindern. Ist das Piercingbesteck deines Piercers verschmutzt, der Piercingkanal entzündet oder die Wunde ständig gereizt, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass der Körper alles tut, um die Verletzung mit der Bildung von Narbengewebe zu heilen. Wichtig ist auch, dass du dein frisch gestochenes Piercing nicht der Sonne aussetzt. Auch auf den Gang ins Solarium oder die Sauna solltest du verzichten, bis es vollständig ausgeheilt ist. Je besser du also dich und deine Piercings pflegst, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich wildes Fleisch bildet. Komplett auszuschließen ist dies jedoch nie.