Piercings – von kultureller Tradition zum Kultobjekt

Piercings sind keine Erfindung der Neuzeit, sie haben eine weit längere Tradition, als du vielleicht denkst. Seit den 1990er-Jahren sind Piercings aus der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Vorher hatten höchsten Punks und Mitglieder der Independant-Szene Schmuck an ungewöhnlichen Stellen des Körpers – damals hatte das noch einen rebellischen Touch. Obwohl der hübsche Körperschmuck immer noch mit einigen Vorurteilen zu kämpfen hat, so ist er doch im Laufe der Zeit immer „salonfähiger“ geworden.

Ringe in den Nasen, Bananenstecker an den Augenbrauen oder auch eine schimmernde Kugel, die beim Lachen auf der Zunge sichtbar wird, sind heute keine Seltenheit mehr und ziehen sich durch nahezu alle Gesellschafts- und Altersschichten. Hast du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie es überhaupt zu diesem Trend gekommen ist? Menschen mit Piercings gehören heute zum allgemeinen Stadtbild und sind für die Träger ein Symbol für einen uneingeschränkten Freigeist und einen individuellen Lebensstil. Natürlich ist er auch einfach ein attraktiver Schmuck, der die unverwechselbare Persönlichkeit unterstreicht. Trägst du deine Piercings für jeden offen sichtbar, so sind sie deine Markenzeichen, trägst du sie hingegen verdeckt, so sind sie dein kleines Geheimnis – beides ist gleichermaßen spannend wie verführerisch. Mittlerweile sind mehr als 5 Millionen Menschen in Deutschland gepierct, und die Zahlen steigen jedes Jahr weiter an. Piercings sind also wie auch Tattoos kein kurzer Trend, der wie ein One-Hit-Wonder wieder abebbt, sondern eine Entwicklung, die ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht hat.

Ein Blick hinter die Kulissen

Es lohnt sich, mal einen Blick in die Geschichte der Piercings zu werfen, denn den Körper mit Schmuck zu verzieren, hatte bereits eine sehr lange Tradition, lange bevor er zum Kultobjekt avancierte.

Piercings waren bereits vor vielen Jahrhunderten auf einigen Kontinenten verbreitet, doch hatten sie damals einen ganz anderen gesellschaftlichen und kulturellen Stellenwert. Es gibt Hinweise, dass der Körperschmuck bereits vor Christi Geburt auf den Kontinenten Amerika, Afrika und Asien weit verbreitet waren. Es wurden Mumien gefunden, die mit traditionellem Schmuck beerdigt wurden oder denen man Schmuckstücke, die den heutigen Piercings entsprechen würden, ins Grab beigelegt hat. Ein Beispiel: Für die Pharaonen in Ägypten waren Piercings (hauptsächlich an den Ohren) ein üblicher Schmuck, der den gesellschaftlichen Status widerspiegelte.

Doch vermutlich reicht die Geschichte des kulturellen Schmucks noch deutlich weiter in die Vergangenheit. Bei den Urvölkern Asiens, Amerikas und Afrikas waren geschmückte Ohren, Lippen oder auch Genitalien ein Symbol der Zugehörigkeit. Bei rituellen Zeremonien wurde ein Junge mithilfe verschiedener Schmuckstücke zum Mann erklärt. Die traditionellen Schmuckstücke bestanden aus natürlichen Werkstoffen wie Holz, Knochen, Ton oder verfügbaren Metallen. In Asien werden sogar Buddha-Figuren mit großen Ohrringen gezeigt. Piercings haben also durchaus auch einen religiösen Bezug.

Traditionelle Piercings in der Neuzeit

Auch heute noch gibt es viele Völker und Stämme, die mit klassischem Körperschmuck ihre Zusammengehörigkeit unterstreichen. Natürlich dienen auch in diesen Ländern Piercings als Schönheitsmerkmal. Sicherlich hast du schon einmal Bilder oder Dokumentationen gesehen, die afrikanische und amerikanische Frauen mit Tellern in den Lippen zeigen, oder Männer, die sich dicke Knochen durch das Septum oder die Wangen gestochen haben. All dies sind Piercings, die zu denen, die wir heute in unserer Gesellschaft kennen, geführt haben. Du hast dich schon mal gefragt, wie die Frauen so große Teller in die Lippen einsetzen können? Das funktioniert nicht anders als bei den uns bekannten und beliebten Flesh Tunnels. Auch wenn es vollkommen anders und für einige vielleicht sogar befremdlich ausschaut, so ist das Prinzip exakt das gleiche – mit dem Unterschied, dass bei den kulturellen Völkern die Größe des Tellers auch Auskunft über die Position und das Ansehen im Stamm aufzeigt.

Im Hinduismus, der drittgrößten Religion nach dem Christentum und dem Islam, ist es Tradition, Kindern im Alter von drei bis vier Jahren Ohrlöcher im Rahmen einer feierlichen Zeremonie zu stechen – sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen. Die goldenen Ohrringe sollen die Kleinen ein Leben lang vor Krankheiten und Unheil beschützen. In Indien sind zudem Nasenstecker und Ringe so normal wie bei uns Ohrlöcher.

Spirituelle Piercing-Rituale

In Ländern wie Malaysia oder Thailand hat das Stechen von Piercings auch spirituelle Hintergründe. Die Rituale dienen weniger der Verschönerung des Körpers als viel mehr der Besänftigung bösartiger Geister und Dämonen. Es werden Götter beschworen, um die Familie bzw. das Dorf von Krankheiten, Katastrophen und anderen Heimsuchungen zu bewahren. Sich die Haut mit allen möglichen Gegenständen und Materialien zu durchstechen, ist eine ehrbare Aufgabe, um für Schutz für sich und die Familie zu bitten. Zu diesen Ritualen versetzen sich die Teilnehmer in einen tranceartigen Ekstasezustand und tanzen wild auf den Straßen. Sie werden von den Bewohnern des Dorfes wie Helden gefeiert. Solche Zeremonien haben für die Menschen dieser Regionen eine besonders tiefe und emotionale Bedeutung.

Ähnliche verhält es sich auch mit den Ritualen der „Native Americans“, den Ureinwohnern Amerikas. Hier durchstechen sich hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) die Männer während ritueller Tänze die Haut, um die Götter milde zu stimmen. Oftmals sind auch hier Wünsche an die Götter mit diesen Zeremonien verbunden, z. B. die Bitte für eine gute Ernte oder einen reichen Kindersegen. Diese außergewöhnlichen und bewegenden Feierlichkeiten können sich über Tage hinweg erstecken und sind eine Ehre für jeden Teilnehmer.

Piercings in der Moderne

Heutzutage sind Piercings tagtäglich auf den Straßen zu sehen. Jeder, der sich einen solchen Körperschmuck wünscht, kann zum nächsten Piercer gehen und sich verzieren lassen. Doch auch heute noch gibt es Bevölkerungsgruppen in unseren Breitengeraden, für die ein Piercing eine besondere Bedeutung hat. Ein gutes Beispiel sind Zimmermänner, die auf die Walz gehen. Sie durchstechen sich mit einem Nagel das Ohr und tragen ihren Ohrring als Symbol für ihren Berufsstand.

Lange Zeit war ein Ring am rechten Ohr bei einem Mann auch ein untrügliches Zeichen für seine Homosexualität – diese Zeiten sind jedoch lange vorbei! Wir leben in einem Zeitalter, in dem jeder für seine Rechte eintritt, um nicht in Schubladen geschoben zu werden oder altbackenen Klischees zu entsprechen. So steht es heute jedem frei, sich sooft und an so vielen Stellen wie gewünscht piercen zu lassen, ohne damit automatisch eine bestimmte Botschaft zu senden. Piercings sind eine moderne Kunstform, den eigenen Körper zu individualisieren – ihn zu modifizieren. Deine Piercings haben ausschließlich die Bedeutung, die du ihnen selbst verleihst. Findest du deinen Schmuck einfach schön? Haben die Piercings einen erotischen Reiz für dich? Sind sie vielleicht sogar ein Fetisch? Trägst du mit deinem Partner oder deiner Partnerin ein Paar-Piercing? Erlaubt ist, was gefällt!

Fazit: Wie du siehst, hat das Piercing, das du gerade trägst, eine lange Geschichte zu erzählen. Auch wenn es heute kaum noch darum geht, dem Schmuck eine bestimmte Bedeutung zuzuschreiben, so ist es doch interessant zu wissen, wie es zu diesem Trend gekommen ist.

Dermal Anchor – Piercings auf den Punkt gebracht

Der Dermal Anchor (auch Microdermal genannt) zählt zur Gruppe der Single-Point-Piercings. Dieses spezielle Piercing hat einen ganz besonderen Stellenwert, da der Schmuck nur an einem Punkt in der Haut verankert wird. Es gibt keinen typischen Stichkanal, und das Piercings wird auch nicht an zwei Stellen, wie z. B. mit einem Ring, einem Bananenstecker oder einem Barbell fixiert. Beim Dermal Anchor gibt es keine Ein- und Austrittsstelle, sondern lediglich eine einzelne kleine Wundöffnung, die dem Schmuck als Tasche dient.

Surface Piercings, zu denen auch der Dermal Anchor gehört, beschreiben Piercings, die oberflächlich in die Haut gesetzt werden. Wie lange der Dermal Anchor in der Haut verbleibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Manche verlieren den Schmuck bereits nach einigen Tagen, andere können ihn über einen langen Zeitraum tragen, ohne dass er herausfällt. Im Gegensatz zu „normalen“ Piercings kann der Dermal Anchor nahezu überall am Körper gesetzt werden, selbst an den Stellen, an denen klassische Piercings sonst nicht gestochen werden können.

Ein spannender Blickfang

Ein Dermal Anchor zu setzen, ist ein sehr kleiner Eingriff, den die Haut in den meisten Fällen selbst schnell und unkompliziert ausheilen lässt. Die kleine Wunde bedarf zwar deiner Aufmerksamkeit und einer guten Pflege, ansonsten ist bei dieser Art von Piercings nichts anderes zu beachten als bei anderen Piercings mit Stichkanal.

Dermal Anchors werden einzeln gesetzt, so kannst du mit ihnen einen bestimmten Bereich deines Körpers besonders betonen oder einen echten Eyecatcher setzen. Der Schmuck lässt sich auch wunderbar in Mustern, Linien, Wellen und Formen anordnen. So kannst du ganz Kunstwerke auf und in deine Haut zaubern. Grenzen werden hier nur durch deine Fantasie gesetzt.

Der Aufbau eines Dermal Anchors

Der Dermal Anchor besteht aus einer kleinen Titanplatte, die unter die Haut in eine kleine Gewebetasche gesetzt wird. Auf diesem Plättchen steckt ein kleiner Stab mit einem Innengewinde. Dieser Stab ist die Verbindung zwischen Platte und Schmuckstein. Der Schmuckstein selbst bildet dann den Teil, der auf deiner Haut zu sehen ist. Er wird in dem kleinen Stab fest verschraubt und lässt sich austauschen.

Wie wird ein Dermal Anchor gesetzt?

Um den Dermal Anchor in der Haut zu fixieren, wird mithilfe eines Biopsy-Punch ein kleiner Stich bzw. ein Minischnitt in die Haut gemacht. Einige Piercer verwenden auch Skalpelle, um die Haut mit viel Feingefühl zu eröffnen. So bildet sich eine kleine Wunde, die als Tasche für die Titanplatte deines Dermal Anchors dient.

Wichtig! Nach dem Einsetzen muss das Schmuckstück für ca. eine Woche mit einem Wundpflaster fixiert werden. Nur so hat dein Hautgewebe die Chance, zu heilen, sich um die Platte und den Stift zu legen und wie gewünscht zu verwachsen. Auf diese Weise kann sich das Piercings im Gewebe richtig festsetzen. Anderenfalls ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du den Schmuck sofort wieder verlierst oder er sich bei der kleinsten Berührung (z. B. auch durch Kleidung) löst und herausfällt. Außerdem verhinderst du mit dem Pflaster, dass Keime oder Schmutz in die Wunde gelangen. Nach dieser Woche kannst du es dann entfernen, bis dahin sollte die Wunde gut verschlossen sein. Dennoch ist in den nächsten Wochen noch äußerste Vorsicht geboten.

Darauf solltest du beim frisch gesetzten Dermal Anchor achten

Wie bei jedem anderen Piercing auch, ist die richtige Pflege entscheidend für den Heilungsverlauf. Am besten verzichtest du während des Heilungsprozesses für mindestens zwei Wochen auf Sport, Sonnenbaden, Sauna, Solarium und Schwimmen. Wichtig ist, dass du deine kleine Wunde immer sauber hältst – genau wie bei jedem anderen Piercing. Achte darauf, dass deine Kleidung weit genug ist, damit dein Dermal Anchor weder durch Reibung noch durch Fusseln gereizt oder sogar gelöst wird. Es versteht sich fast von selbst, dass du im Bereich deines Dermal Anchors auf Make-up, Parfums oder andere Duftstoffe und Cremes verzichten solltest. Stattdessen empfiehlt es sich, dein Dermal Anchor 2- bis 3-mal täglich mit einem Desinfektionsspray zu reinigen. Dabei solltest du auf eine besonders penible Hygiene achten. Säubere Dein Dermal Anchor nur mit gewaschenen Händen und verwende Wattestäbchen zur Reinigung der kleinen Wunde.Bildet sich ein kleiner Schorfkrümel, kannst du diesen mit warmem Wasser aufweichen und mit dem Wattestäbchen vorsichtig ablösen. Wichtig ist, die Stelle nicht zu verschmutzen oder unnötig zu reizen.

Sollten Rötungen, Entzündungen oder andere Hautirritationen wie Juckreiz oder Nässen auftreten, kannst du eine entzündungshemmende und beruhigende Salbe verwenden (z. B. Tyrosur). Nicht vergessen, bei jeder Pflege auch das Wundpflaster zu wechseln. Warte mit dem Austausch des Schmucksteins bzw. des Aufsatzes, bis die Wunde vollständig ausgeheilt ist. Der gesamte Heilungsprozess dauert im Normalfall zwischen 4 Wochen und 3 Monaten. Bei einem ungesunden Lebenswandel, gesundheitlichen Problemen oder negativen äußeren Einflüssen kann die Haut auch mehr Zeit benötigen, um sich zu regenerieren und zu heilen – ebenso wie bei jedem anderen Piercing.

Bei ernsthaften Komplikationen, Schmerzen, die über die normale Wundheilung hinausgehen, der Bildung von Eiter- oder Wundblasen solltest du deinen Piercer kontaktieren. Er kann am besten beurteilen, welche Behandlungsmethode die richtige wäre.

Beliebte Stellen für Dermal Anchors

Da Dermal Anchors nahezu am ganzen Körper setzen lassen, gibt es kaum eine Stelle, die sich für diesen extravaganten und auffälligen Schmuck nicht eignet. Besonders beliebt sind Dermal Anchors im Bereich der Schlüsselblätter, des Dekolletés, des Rückens entlang der Wirbelsäule, des Nackens oder auch im Kopf- und Gesichtsbereich. Hier werden die Schmucksteine vorzugsweise hinter den Ohren, unter oder zwischen den Augenbrauen oder auch wie eine kleine funkelnde Träne unter dem Auge gesetzt. Natürlich lassen sich Dermal Anchors auch an Beinen, Armen und Fingern oder am Bauch (über- oder unterhalb des Bauchnabels), im Bereich der Leisten und im Schambereich platzieren.

Als besonders praktisch haben sich Dermal Anchors rund um den Mund erwiesen, denn so können beispielsweise Labret, Medusa, Monroe, Dahlia, Spider-, Angel- oder Snake Bite-Piercings wunderbar imitiert werden ohne komplette Stichkanäle stechen zu müssen. Der Schmuck sitzt einfach kurz unter der Hautoberfläche und verhilft dir zu einem besonders bezaubernden und faszinierenden Lächeln.

Der richtige Piercer für Dermal Anchors

Die meisten Piercer, die klassische Piercings stechen, setzen auch Dermal Anchors. Wenn du dich für solch einen Schmuck entschieden hast, solltest du zunächst ein ausführliches Gespräch mit deinem Piercer führen. Er wird dich fachkundig aufklären und beraten. Mit ihm kannst du besprechen, worauf du achten solltest und welche Stellen sich für dich eignen. Teile ihm auch mit, welchen Beruf du ausübst, so kann er ermessen, ob das gewünschte Piercing auch gute Chancen hat auf Dauer sicher zu sitzen. Ein Beispiel: In einem Büro mit reiner Computertätigkeit wirst du kaum Probleme mit Dermal Anchors am Arm oder den Fingern bekommen. Arbeitest du hingegen als Friseurin oder in einem Handwerksbetrieb ist von solchen Dermal Anchors dringend abzuraten.

Risiken bei Dermal Anchors

Leider kann es bei Dermal Anchors passieren, dass der Schmuck im Laufe der Zeit von selbst herauswächst. In diesem Fall solltest du nicht enttäuscht sein. Du kannst es dir entweder erneut setzen lassen oder du entscheidest dich einfach für eine andere Stelle. Wenn ein Schmuckstück herauswächst, bedeutet das nicht zwingend, dass es immer so sein wird. Ansonsten gibt es bei diesem Mini-Implantat keine anderen Risiken als bei normalen Piercings auch.

Dermal Anchors entfernen

Obwohl ein Dermal Anchor relativ fest in der Haut verankert wird – vorausgesetzt, es ist vollständig ausgeheilt -, lässt es sich schnell und ohne größeren Aufwand auch wieder aus der Haut entfernen. Am besten lässt du den Schmuck einfach von deinem Piercer deines Vertrauens herauslösen. Da die Stelle ja sehr klein ist, wächst die Stelle meistens ohne sichtbare Narben wieder zu.